"Wir allein entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen, die uns gegeben ist." - Elbenbrosche in Edoras, eigenes Foto, 2005

Mittwoch, 16. September 2009, 14:15

Bloß nicht wehren!

Alle Welt diskutiert gerade den Fall des 50jährigen Geschäftsmannes, der in München vier Kinder vor einem Raubüberfall zu schützen versuchte und seine Zivilcourage mit dem Leben bezahlen mußte. Politiker aller Parteien instrumentalisieren den Vorfall im Wahlkampf für die seltsamsten Forderungen, meist nach noch mehr nutzlosen Überwachunskameras, für deren Überwachung überhaupt kein Personal vorhanden ist. Außerdem wird angesichts der Tatsache, daß etwa 15 Gaffer dem Mord tatenlos zugesehen haben, immer wieder zu mehr Zivilcourage aufgerufen.

Aber was passiert denn, wenn tatsächlich jemand erfolgreich helfend eingreift, oder wenn sich das Opfer eines brutalen Angriffes mit den ihm gerade zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgreich gegen einen Angreifer zur Wehr setzt? Wie der Fall eines Studenten zeigt, der letztes Jahr ebenfalls in München von serbischen Schlägern angegriffen wurde und es wagte, sich zu wehren, entblödet sich in solchen Fällen unsere Justiz nicht, mal eben schnell das Prinzip von Täter und Opfer umzukehren und damit die Gerechtigkeit ad absurdum zu führen.

Weil er den Schläger in Notwehr schwer verletzt hatte, wurde der Student zu drei Jahren und neun Monaten Haft wegen angeblichen "versuchten Totschlags" verurteilt. Das zuständige Schwurgericht sah es in seiner Urteilsbegründung übrigens explizit als straferschwerend an, daß er sich "mehrfach als unschuldiges Opfer dargestellt" habe. Außerdem mußte er an den Täter einen Betrag von 12.500 Euro zahlen und sich bei ihm entschuldigen, was ich persönlich als besonders pervers empfinde.

Hier der vollständige Artikel aus der Münchner tz zur kürzlich erfolgten Überprüfung des Urteils durch den Bundesgerichtshof. Der Tatbestand des "vesuchten Totschlages" wurde dabei allerdings nicht in Frage gestellt. Offenbar ist auch der Bundesgerichtshof der Meinung, daß man sich gegen Angreifer nicht wehren darf, jedenfalls nicht mit wirksamen Mitteln, die den Angriff auch tatsächlich beenden könnten.

Was lernen wir daraus? Bloß nicht wehren! Wer sich gegen Angreifer wehrt, der muß sich hinterher bei diesen entschuldigen, ihnen Geld bezahlen und kommt dafür auch noch in den Knast. Nach der Meinung der Richter läßt man sich also wohl am besten widerstandslos totschlagen! Hauptsache, der ganze Vorfall ist hinterher gestochen scharf auf genügend Überwachungsvideos festgehalten, die man dann anschließend zur besten Sendezeit im Fernsehen senden und politisch ausschlachten kann.

Diese Konsequenz läßt natürlich auch den aktuellen Fall aus München in einem ganz neuen Licht erscheinen. Hätte einer der in den Medien kritisierten Gaffer tatsächlich so viel Zivilcourage bewiesen, dem Opfer beizustehen, und vielleicht einen der Täter dabei verletzt, säße der Helfer jetzt vermutlich im Gefängnis, während die Täter weiter frei herumlaufen und wehrlose Menschen ausrauben könnten. Aber angeblich leben wir ja in einem Rechtsstaat...

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