"Wir allein entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen, die uns gegeben ist." - Elbenbrosche in Edoras, eigenes Foto, 2005

Donnerstag, 3. September 2009, 19:06

Der Fluch der Mysterien

Als passionierter Geocacher möchte man natürlich nicht nur immer nur nach von fremden Leuten ausgelegten Caches suchen, sondern auch einmal selbst welche verlegen. Das ist allerdings gar nicht mehr so einfach, weil weite Teile unseres Landes mittlerweile so ziemlich flächendeckend mit Geocaches überzogen sind und man sowohl zu fremden Caches als auch zu sämtlichen Zwischenstationen z. B. von Multi-Caches einen Mindestabstand von 160,9 Metern (entsprechend 0,1 Meilen) einhalten muß.

Bei "traditionellen" Caches ist dieses Abstandhalten im Prinzip nicht weiter schwierig, weil diese sich (mehr oder weniger) exakt an den im Internet angegebenen Koordinaten befinden und man zu diesen relativ leicht einen ausreichenden Abstand halten kann. Schwieriger wird es bei Multi-Caches, da man hier wie gesagt nicht nur die im Listing angegebene Koordinate, sondern auch alle weiteren Stationen kennen und beim Abstandhalten berücksichtigen muß. Im Zweifelsfall kommt man also nicht umhin, sicherheitshalber alle umliegenden Multis zu absolvieren, bevor man selbst einen Cache in einem bestimmten Areal auszulegen versucht. Aber für einen findigen Geocacher mit etwas Zeit und Spürsinn sollte auch dies eigentlich kein Problem sein.

Leider gibt es allerdings noch eine weitere Sorte von Geocaches, die sich einem ganz unvermittelt in den Weg legen können und bei denen man oft genug weder eine Chance hat, vorauszusehen, daß man ihnen räumlich zu nahe kommt, noch, herauszufinden, wo sich eigentlich die Punkte im Gelände befinden, denen es auszuweichen gilt. Dabei handelt es sich um Rätsel-Caches, sogenannte "Mysteries". Hier müssen, bevor man sich überhaupt aus dem heimischen Sessel schwingt, beliebig komplizierte Rätsel gelöst werden, um überhaupt die tatsächlichen Koordinaten herauszubekommen, die es anzusteuern gilt.

Nun gibt es durchaus einfache Mysteries, beispielsweise nach dem Muster "In welchem Jahr ABCD wurde der Erbauer des hier abgebildeten Gebäudes geboren, der Cache liegt bei den Koordinaten..." und diese werden dann direkt aus dem Jahr ABCD ermittelt. Dagegen ist im Prinzip auch überhaupt nichts einzuwenden, denn derartige Aufgaben sollte nun eigentlich wohl jeder lösen können. Allerdings ist der Schwierigkeitsgrad bei Mysteries leider nach oben offen, was gewisse Leute gerade im Raum Bielefeld mit schöner Regelmäßigkeit dazu mißbrauchen, ihre Caches mit schier unlösbaren Rätseln zu versehen.

Ein paar schöne Beispiele für derartige Caches sind die Caches GC174XV "14610", dessen 10 größtenteils megaschwere Fragen meines Wissens inzwischen selbst der Owner des Caches nicht mehr alle beantworten kann, GC18GE4 "Hohe Berge", der extremes Spezialwissen erfordert, mit dem vermutlich selbst gestandene Wissenschaftler der betreffenden Fachdisziplinen hoffnungslos überfordert wären, oder GC1JVXP "Unsichtbare Geheimnisse: Das Gespenst", bei dem man zwar recht schnell auf einen sicherlich richtigen Lösungsansatz kommt, sich mit diesem dann allerdings einer Herausforderung gegenübergestellt sieht, die selbst von der NSA und dem US-amerikanischen Verteidigungsministerium als unlösbar eingestuft und zertifiziert wurde.

Da bei Mysteries in der Regel im Listing Fake-Koordinaten angegeben werden müssen, die sich in einem Umkreis von bis zu 3 Kilometern um die tatsächlichen Koordinaten befinden dürfen, hat man in relativ dicht mit Caches belegten Gebieten angesichts solcher unlösbarer Rätsel-Caches nur die Wahl, seine eigenen Caches auf Verdacht auszulegen und darauf zu hoffen, daß nicht nach ein bis zwei Tagen die Meldung vom zuständigen Reviewer kommt, daß man irgendeinem Mystery-Cache zu nahe gekommen ist und seinen eigenen Cache bitteschön verlegen soll.

Wohin man ihn verlegen soll, um das Problem zu beheben, wird einem der Reviewer allerdings leider nicht verraten, so daß man seinen Cache im Prinzip beliebig oft verlegen, neue Koordinaten angeben und wieder hoffen und bangen muß, daß man nicht schon wieder irgendwelchen für normale Menschen unfindbaren Dosen zu nahe gekommen ist. Dieser Versuch gleicht natürlich einem blinden Herumstochern im Nebel. Es soll schon vorgekommen sein, daß Geocacher bei derartigen verzweifelten Versuchen, neue Verstecke für ihre eigenen Caches zu finden, rein zufällig auf Dosen gestoßen sind, die sie anderweitig nie im Leben gefunden hätten.

Eine viel häufigere und um so traurigere Konsequenz ist allerdings, daß sich viele Cacher kaum noch trauen, auch nur den Versuch zu unternehmen, selbst aufwendigere Caches zu verlegen. Denn bei einem eigenen Multi hat man mit etwas Pech an jeder einzelnen Station wieder das gleiche Problem und muß dann nicht nur die Stationen selbst so lange immer wieder verlegen, bis endlich alles zusammenpaßt, sondern auch die Hinweise an den Stationen selbst immer wieder anpassen, damit die Suchenden nicht durch veraltete Koordinaten in die Irre geführt werden. Da ist es auf Dauer doch viel einfacher, als neuen Cache nur noch irgendwo eine blöde Filmdose hinter ein Verkehrsschild zu stecken.

Nichts gegen Rätsel an sich, aber solange die Unlösbare-Mystery-Pest weiter um sich greift, wird die Qualität neuer Caches ständig weiter zurückgehen, weil irgendwann niemand mehr Bock auf die eben beschriebene Vorgehensweise haben wird. Weil sie die meisten Cacher chancenlos mit der Aufgabe zurücklassen, herauszufinden, wo man denn überhaupt noch Stationen oder Finaldosen verlegen darf. Und das kann meines Erachtens nicht im Sinne des Spiels sein, das (jedenfalls soweit ich weiß) ja immer noch Geocaching heißt - und nicht Geomystering oder Blindes Koordinaten-Raten.

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